Mit Ausschlag, Kribbeln, Jucken und Schmerzen kann eine Gürtelrose ganz schön unangenehm werden. In jedem zehnten Fall drohen sogar langfristige Nervenschmerzen, die Schlaf und Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Lesen Sie, wo die Gürtelrose herkommt, wie sich akute und chronische Beschwerden am besten behandeln lassen und wie man sich mit der Zosterimpfung schützt.
Viren auf Wanderschaft
Plötzliche Schmerzen und ein roter, gürtelförmiger Ausschlag am Rumpf —die Symptome einer Gürtelrose sind leicht zu erkennen. Verantwortlich für den Spuk ist das Windpocken- oder Varizellenvirus (lateinisch Varizella-Zoster-Virus). Es gehört zu der Gruppe der Herpesviren, weshalb die Erkrankung medizinisch auch Herpes zoster genannt wird.
Das Varizellenvirus hat ganz besondere Eigenschaften. Infiziert man sich damit, erkrankt man zunächst an Windpocken. Nach dem Abheilen des juckenden Ausschlags verschwinden die Viren aber nicht. Stattdessen wandern sie in bestimmte Nervenzellen, die Ganglienzellen von Hirn- oder Spinalnerven. Dort lassen sie sich lebenslang nieder – in Schach gehalten vom körpereigenen Immunssystem. Schwächelt das Immunsystem, werden die Viren reaktiviert und befallen den Körper „von innen“ erneut. Geschwächt wird das Immunssystem z. B. durch
seelischen und körperlichen Stress
normale Alterungsprozesse
immunsuppressive Therapien, also Therapien die das Immunsystem gezielt unterdrücken (z. B. zur Behandlung von Krebs oder einer rheumatoiden Arthritis)
Immunerkrankungen, z.B. eine HIV-Infektion.
Manchmal tritt die Gürtelrose aber auch auf, ohne dass sich ein spezieller Grund dafür feststellen lässt.
Die typische Gürtelrose
Werden die Viren reaktiviert, wandern sie die Nervenfaser entlang in Richtung Körperoberfläche. Am häufigsten geschieht das im Bereich von Brustkorb und Rumpf. Auf der Haut lösen sie dann einen gürtelförmigen Ausschlag mit gleichförmigen Papeln und Bläschen auf rotem Grund aus. Zum charakteristischen Muster des Ausschlages kommt es, weil die Viren sich nicht frei, sondern entlang der Nervenfaser ausbreiten. Diese Nervenfasern sind wiederum gürtelförmig, also quer von der Wirbelsäule bis zur Vorderseite angeordnet. Der gürtelförmige Ausschlag ist so typisch, dass meist keine weitere Diagnostik erforderlich ist. Im Zweifel lassen sich die Viren aber auch durch Laboruntersuchungen von Blut oder Hirnflüssigkeit nachweisen.
Manchmal macht sich die Gürtelrose schon vor dem Hautausschlag durch Kribbeln oder Taubheitsgefühl bemerkbar. Ist sie voll erblüht, leiden die Erkrankten je nach Ausmaß unter
Fieber und starkem Krankheitsgefühl
Wundschmerzen im Bereich des Ausschlags
Nervenschmerzen im Bereich des befallenen Nervens, z. B. starke Missempfindungen (Ameisenlaufen, Juckreiz) und bohrende oder stechende Schmerzen.
Normalerweise heilt der Ausschlag innerhalb von zwei bis vier Wochen folgenlos aus. Bei jeder zehnten Patient*in dauern Schmerzen und Missempfindungen jedoch auch nach Abheilen des Hautausschlags an oder flackern nach einem beschwerdefreien Intervall wieder auf. In diesen Fällen spricht man von der Post-Zoster-Neuralgie. Deren Prognose ist nicht besonders gut: Bei einem Drittel der Betroffenen greift die Schmerztherapie nicht, und manche haben lebenslang mit den Beschwerden zu kämpfen (mehr dazu siehe unten).
Hinweis: Achtung, ansteckend! In den Bläschen des Ausschlags befinden sich massenweise Varizellenviren. Gürtelrose-Patient*innen können durch Schmierinfektionen andere infizieren. Ganz besonders gefährdet sind Schwangere, die noch keine Windpocken hatten. Bei einer Infektion kann das ungeborene Kind schwer geschädigt werden. Um jede Ansteckung zu vermeiden sollte der Ausschlag bis zum Abheilen gut abgedeckt (passende Pflaster dafür gibt es in der Apotheke) und der Kontakt zu Ungeimpften bzw. noch nicht an Windpocken Erkrankten vermieden werden.
Zoster in Ohr und Auge
Neben der typischen Gürtelrose gibt es auch andere Formen des Herpes zoster. Besonders unangenehm wird es, wenn die Varizellen in den Ganglienzellen der Hirnnerven sitzen und dort reaktiviert werden. Dann wandern sie die Nervenfasern entlang in Richtung Kopfhaut vor. Ist der Trigeminalnerv betroffen, kommt es zu einem Zoster ophthalmicus mit Ausschlag und Schmerzen im Bereich von Stirn, Nasenwurzel und Nasenrücken, meist begleitet von Fieber und einem starken Krankheitsgefühl. Es droht die Infektion des Auges mit Bindehautentzündung, Hornhautentzündung, Augenmuskellähmung und sogar der Gefahr der Erblindung. Ein Befall der Nerven, die für das Ohr zuständig sind, macht sich als Zoster oticus mit Ohrenschmerzen, Hörminderung, Schwindel und schmerzhafte Bläschen am Gehörgang bemerkbar.
Schwerste Formen des Herpes zoster sind der Befall des Gehirns (Zoster-Enzephalitis) oder die Ausbreitung der Varizellenviren über den gesamten Körper inklusive innerer Organe (Zoster generalisatus). Diese lebensbedrohlichen Varianten kommen bei Menschen vor, deren Immunsystem sehr geschwächt ist.
Hinweis: Eine weitere seltene Sonderform des Herpes zoster ist der „Zoster sine herpete“. Hier leiden die Betroffenen unter heftigen Schmerzen in einem Dermatom, es fehlt aber der typische bläschenförmige Ausschlag.
Wen kann es treffen?
Jeder, der einmal an Windpocken erkrankt war, beherbergt die Viren und kann Monate, Jahre oder Jahrzehnte später an einer Gürtelrose oder einer anderen Form des Herpes zoster erkranken. Allerdings steigt das Risiko mit dem Alter, weil das Immunsystem dann allgemein weniger gut arbeitet. Ab 50 ist jedoch nicht nur die Gefahr einer Virusreaktivierung erhöht. Auch die Schwere der Erkrankung nimmt zu.
Doch nicht nur durchgemachte Windpocken lassen eine Gürtelrose erblühen. Auch Menschen, die gegen Windpocken geimpft wurden, können an einem Herpes zoster erkranken. Denn das abgeschwächte Impfvirus zieht sich ebenso wie das „echte“ Virus in Ganglienzellen der Spinal- oder Hirnnerven zurück. Weil das Impfvirus sich jedoch weniger leicht reaktivieren lässt als sein natürlicher Verwandter tritt ein Zoster nach Impfung sehr selten auf. Und kommt es doch einmal dazu, verläuft die Erkrankung deutlich milder als der Herpes zoster durch das echte Virus.
Akut gegen Virus, Schmerz und Krusten
Die normale Gürtelrose ist zwar unangenehm, hat aber eine relativ gute Prognose. Etwa 70–80% der Fälle heilen mithilfe der passenden Therapie folgenlos aus. Diese ruht auf drei Säulen: Die Viren zu bekämpfen, Schmerzen und Juckreiz einzudämmen und das Abheilen der Bläschen zu fördern.
Antivirale Medikamente. Mit ihnen wird der Verlauf der Erkrankung abgemildert und die Ansteckungsgefahr reduziert. Deshalb wird auf die antivirale Therapie nur bei sehr leichten Verläufen darauf verzichtet. Zwingend erforderlich ist sie bei
Patient*innen über 50 Jahren
Zoster im Kopfbereich
stark ausgeprägtem Zoster, z. B. beim Befall mehrerer Dermatome am Rumpf
kompliziertem Verlauf
Immunschwäche.
Zum Einsatz kommen die Wirkstoffe Aciclovir, Valaciclovir, Famcicluvir und Brivudin. Je nach Präparat werden die antiviralen Medikamente drei- bis fünfmal täglich als Tabletten eingenommen. In schweren Fällen gibt man sie auch intravenös. Dies ist bei Zoster ophthalmicus oder Zoster oticus der Fall. Hier kombinieren die Ärzt*innen das Virostatikum auch oft mit Kortison, um das Risiko für gefährliche Komplikationen wie Seh- oder Hörverlust zu reduzieren.
Schmerztherapie. Der entzündliche Ausschlag verursacht oft unangenehme Wundschmerzen. Diesen begegnet man mit entzündungs- und schmerzlindernden Wirkstoffen wie Ibuprofen oder Paracetamol. Bei sehr starken Schmerzen kommen auch Opioide zum Zug, beispielsweise Oxycodon-Tabletten oder intravenös verabreichtes Morphin.
Ist der Nerv angegriffen, entwickeln sich zusätzlich neuropathische Schmerzen. Sie reichen von Kribbeln oder Taubheitsgefühl bis zum ausgeprägten Brennen, Bohren oder Stechen. Hier können Wirkstoffe helfen, die auch bei der Post-Zoster-Neuralgie eingesetzt werden, so zum Beispiel Gabapentin, Pregabalin oder auch das Antidepressivum Amitryptilin.
Lokaltherapie. Die lokale Therapie fördert die Abheilung und reduziert das Risiko einer bakteriellen Infektion des Ausschlags. Polihexanid-Gele beispielsweise wirken antiseptisch und helfen, die Verkrustungen zu lösen. Lösungen aus Polihexanid oder Octenidin sind ebenfalls antiseptisch und lindern Schmerzen und Missempfindungen durch ihren kühlenden Effekt. Synthetische Gerbstoffe verringern ebenfalls den Juckreiz und lassen die Läsionen abtrocknen.
Hinweis: Zur lokalen Therapie keine Schüttelmixtur mit Zink verwenden! Diese lindert zwar den Juckreiz, fördert jedoch neuen Untersuchungen zufolge eine bakterielle Infektion der Läsionen. Außerdem lässt sich unter der weißlichen Schicht das Abheilen des Ausschlags nicht gut kontrollieren.
Wenn die Post-Zoster-Neuralgie zubeißt
In etwa 10% der Fälle entwickeln die Betroffenen eine Post-Zoster-Neuralgie. Dabei bleiben die Nervenschmerzen länger als vier Wochen bestehen, obwohl der Hautausschlag längst abgeklungen ist. Manchmal entwickeln sie sich aber auch erst nach einem beschwerdefreien Intervall. Typisch sind Missempfindungen und starke brennende, bohrende oder stechende Schmerzen. Oft ist die Region auch besonders berührungsempfindlich, was beispielsweise das Scheuern von Gürteln oder BH-Trägern unerträglich machen kann.
Die Behandlung der Post-Zoster-Neuralgie ist kompliziert, oft müssen verschiedene Wirkstoffe probiert und kombiniert werden. Etwa 30% der Patient*innen werden auch durch intensive Maßnahmen nicht schmerzfrei. Zum Einsatz kommen
Antikonvulsiva (Medikamente gegen Krampfanfälle) wie Gabapentin, Pregabalin
Antidepressiva wie Amitryptilin
Opioide wie Tramadol oder Morphin
Lidocain-Pflaster
Pflaster mit Capsaicin
als Ersatzmedikamente Carbamazepin oder Duloxetin.
Wenn die Hautempfindlichkeit des betroffenen Dermatoms intakt ist, empfehlen manche Ärzt*innen auch die Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Die elektrische Stimulation des betroffenen Gebietes verursacht (gewünschte) Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl, wodurch die Schmerzempfindung selbst verringert wird. Daneben können auch andere Verfahren der physikalischen Therapie, z. B. Kälte- oder Wärmeanwendungen helfen, die Beschwerden der Post-Zoster-Neuralgie abzumildern.
Hinweis: Eine Post-Zoster-Neuralgie kann psychisch sehr belastend sein. In manchen Fällen sind Verhaltens- oder Psychotherapien hilfreich, um besser mit den chronischen Schmerzen umzugehen.
Stärkste Waffe: Impfung
Ein besonders starkes Mittel gegen die Gürtelrose und ihre Komplikationen ist die Zosterimpfung. Es gibt sie mit einem abgeschwächten Virus als Lebendimpfstoff und als Totimpfstoff. Letzterer soll effektiver sein und einen längeren Impfschutz bieten, weshalb dieser von der STIKO vorgezogen wird. Sie empfiehlt die Zosterimpfung mit dem Totimpfstoff
allen Personen über 60
Menschen ab 50 Jahren, die ein erhöhtes Risiko für Herpes zoster haben (z.B. aufgrund einer immunsuppressiven Therapie oder einer Grunderkrankungen wie Diabetes, COPD, oder rheumatoider Arthritis).
Die Impfung erhöht die zelluläre Immunabwehr und unterstützt dadurch den Körper, die in den Nervenzellen sitzenden Varizellenviren weiter in Schach zu halten.
Für einen vollständigen Schutz sind zwei Impfungen mit einem Abstand von zwei bis sechs Monaten erforderlich. Ob eine Auffrischung nötig ist, wird noch diskutiert. Bis jetzt gehen die Expert*innen davon aus, dass Geimpfte etwa zehn Jahre lang vor einer Gürtelrose bewahrt werden.
Hinweis: Die Zoster-Impfung verträgt sich gut mit anderen Impfungen. Auch eine Covid-19-Impfung ist kein Grund, darauf zu verzichten. Zur Sicherheit empfiehlt die STIKO bei der Zoster-Impfung lediglich, vor und nach der Covid-19-Impfung 14 Tage Abstand einzuhalten.
Abgelaufene Schmerzmittel, angebrochenes Schnupfenspray und ein Wirrwarr an Pflastern und Verbänden – aber das dringend nötige Durchfallmedikament ist nirgends zu finden? Dann ist es dringend Zeit für einen Hausputz in Ihrer Hausapotheke. Was prinzipiell hineingehört und worauf man beim Lagern achten muss, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Basisausstattung: Von Schmerzmittel bis Zeckenzange
In wohl jedem Haushalt gibt es zumindest eine kleine Hausapotheke. Dort findet sich im besten Fall eine Auswahl an Medikamenten gegen Schmerz, Fieber, Erkältung und Durchfall. Aber auch Mittel zur Wundversorgung dürfen nicht vergessen werden. Im Einzelnen sollten deshalb folgende Utensilien und Medikamente an Bord einer Hausapotheke sein:
Unverzichtbar für die Wundversorgung sind:
Desinfektionsmittel wie Povidon-Jod oder Octenidin, zum Sprühen oder als Lösung
Dexpanthenol-Salbe zur Förderung der Wundheilung
Zinkoxidsalben zur Behandlung nässender Wunden
Pflaster verschiedener Größen
steril verpackte Kompressen, Mullbinden und Rollenpflaster, um diese zu fixieren
Pinzette, Zeckenzange, Schere
Kühlpackungen – die gehören allerdings nicht in das Apothekenschränkchen, sondern in die Tiefkühltruhe.
Um gegen Durchfall gewappnet zu sein, dürfen folgende Arzneimittel nicht fehlen:
Elektrolytmischungen für die orale Rehydrierung, d.h., zum Auffüllen des über den Darm verlorenen Wassers. Dafür gibt es Pulver zum Anrühren sowohl für Säuglinge und Kleinkinder als auch für Erwachsene.
Loperamid zum kurzfristigen Bremsen starken Durchfalls.
Gegen Schmerzen, Fieber und Erkältung sollte man immer folgende rezeptfreie Waffen parat haben:
Schmerzmittel wie Paracetamol, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (ASS)
Mittel gegen Halsschmerzen
Nasentropfen oder -sprays zum Freimachen verstopfter Nasen
Mittel gegen Husten, z. B. Dextrometorphan oder pflanzliche Hustenpräparate
Fieberthermometer. Ohrthermometer eignen sich erst für Kinder ab 6 Monaten, vorher sollte die Temperatur rektal gemessen werden. Von Stirn- und Schläfenthermometern wird abgeraten, da sie oft ungenau messen.
Tipp: Moderne digitale Thermometer benötigen oft Knopfzellen und ihr Batteriefach ist gar nicht so leicht zu öffnen. Machen Sie sich damit vertraut und halten Sie Ersatzbatterien bereit, damit Sie im Notfall immer ein funktionstüchtiges Thermometer parat haben.
Weitere Kandidaten für die Hausapotheke
Gibt es in der Familie gesundheitliche Probleme, die immer wieder auftauchen? Dann sollte man auch die Hausapotheke entsprechend anpassen. Beispiele sind Salben gegen Lippenherpes oder gegen Juckreiz nach Insektenstichen, Antihistaminika-Tabletten gegen Heuschnupfen, Mittel zur Linderung von Sodbrennen oder Augentropfen zur Behandlung trockener oder gereizter Augen.
Die allermeisten Medikamente für Erwachsene sind nichts für Kinder. Gehören Babys und Kleinkinder zum Haushalt, muss die Hausapotheke unbedingt Arzneien bereithalten, die für diese Altersgruppe geeignet sind:
Erkältungsbalsam für Kleinkinder
Fieberzäpfchen, rektales Thermometer
Nasenspray auf Kochsalzbasis
Für Kinder und Säuglinge geeignete Elektrolytlösungen
Mittel gegen Zahnbeschwerden
Antihistamin-Gel gegen Sonnenbrand und Insektenstiche.
Nicht vergessen: Nicht nur Medikamente und Instrumente sind Bestandteile einer Hausapotheke. Auf den ersten Blick sichtbar sollte eine Liste mit allen Telefonnummern sein, die man im medizinischen Notfall braucht. Obenan die 112, dazu die Telefonnummern von der Hausarztpraxis, der Stammapotheke, des ärztlichen und zahnärztlichen Bereitschaftsdienstes und des regionalen Giftnotrufs (alle Notrufnummern sind unter www.dastelefonbuch.de/Notruf zu finden).
Hinweis: Verschreibungspflichtige Medikamente, wie z. B. Mittel gegen hohen Blutdruck oder Schmerzmittel auf Opioidbasis, haben in der Hausapotheke nichts zu suchen. Zu leicht kommt es zu Verwechslungen. Diese Medikamente bewahrt man am besten an einem abschließbaren und besonders für Kinder unzugänglichem Ort auf.
Küche und Bad sind ungeeignet
Medikamente werden besonders oft im Badezimmerschrank oder in der Küchenschublade gelagert. Doch Vorsicht, beide Orte sind nicht geeignet zum Aufbewahren der Hausapotheke. Denn Luftfeuchtigkeits- und Temperaturschwankungen sind schädlich für Medikamente und können dazu führen, dass sie ihre Wirkung verlieren. Der optimale Platz für die Hausapotheke ist kühl, trocken und dunkel. Deshalb sind Flur, Abstellkammer und Schlafzimmer meist besser als Standort geeignet.
Nicht nur für den Ort, auch für den Umgang mit der Hausapotheke gibt es nützliche Tipps. Zur besseren Übersichtlichkeit sollten Arzneimittel immer mit Umverpackung aufgehoben werden. Hilfreich ist, das Anwendungsgebiet auf die Packung zu schreiben und die Arzneimittel danach zu sortieren, dann muss man im Zweifel nicht lange danach suchen.
Aus diesem Grund sollte man auch das Verfallsdatum groß auf die Umverpackung schreiben. Augentropfen und andere flüssige Arzneien dürfen nach Anbruch oft nur wenige Wochen verwendet werden. Wer beim Anbruch das Ablaufsdatum gleich berechnet und auf der Packung notiert, erkennt schneller, wie lange die Arznei „gut“ ist. Am einfachsten ist es angebrochen Fläschchen, Salben und Sprays nach Beendigung der Behandlung gleich zu entsorgen.
Ebenso ist es nützlich, Beipackzettel immer gemeinsam mit dem Präparat in der Originalverpackung aufzuheben. Dann sind im Falle eines Falles alle wichtigen Informationen gleich zur Hand. Fehlt ein Beipackzettel, findet man ihn meist im Internet, z.B. über die Beipackzettelsuche auf www.apotheken.de oder man lässt ihn sich in seiner Apotheke ausdrucken.
Hinweis: Vor allem wenn Kinder oder Demente im Haushalt wohnen, sollte die Hausapotheke abschließbar sein. Am besten bewahrt man Medikamente in einem speziell dafür hergestellten Arzneimittelschränkchen auf.
Hausputz in der Hausapotheke
Einmal im Jahr muss auch in der Hausapotheke zum Hausputz geblasen werden. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob noch alle notwendigen Medikamente und Materialien in ausreichender Menge vorhanden sind. Außerdem ist das Verfallsdatum zu kontrollieren.
Prinzipiell gelten diese Angaben für ungeöffnete Arzneimittel, aber auch für Tabletten in Blisterverpackungen. Angebrochene Tropfen, Cremes oder Lösungen dürfen nur so lange verwendet werden, wie es in den Packungsbeilagen aufgeführt wird (siehe oben).
Abgelaufene Arzneimittel sind fachgerecht zu entsorgen. Dazu steckt man die Medikamente am besten in einen blickdichten Plastiksack, knotet diesen gut zu und wirft ihn in den Restmüll. Dieser wird dann entweder verbrannt oder mechanisch-biologisch vorbehandelt und in Deponien gelagert. Eine Alternative ist Ihre Apotheke: Viele Apotheker*innen bieten den Service an, abgelaufene Medikamente entgegenzunehmen. In manchen Gemeinden gibt es dafür auch spezielle Sammelstellen.
Hinweis: Auf keinen Fall dürfen Sie Pillen, Tropfen oder andere Arzneien das Waschbecken oder die Toilette hinunterspülen. So gelangen die Wirkstoffe in den Wasserkreislauf und schaden Mensch und Natur.
Medikamente auf der Reise
Auch auf Reisen ist eine medizinische Grundausstattung nützlich. Wie diese aussieht, hängt davon ab, wie lange man unterwegs ist und ob man in zivilisierte oder entlegene Gegenden aufbricht. Auch die Transportart ist entscheidend: Bei Autoreisen hat man verbandstechnisch schon alles im gesetzlich vorgeschriebenen Verbandskasten – vorausgesetzt, dieser entspricht der Norm (DIN 13164) und wird jährlich kontrolliert und gegebenenfalls ausgetauscht.
Im Flieger will gut überlegt sein, was mit an Bord und was ins restliche Gepäck kommt. Klar, dass Arzneien, die unmittelbar benötigt werden, immer im Handgepäck mitreisen müssen. Wer zu Lippenherpes neigt, sollte seine Creme dabeihaben, wer Nasentropfen gegen den Druckausgleich braucht, eben diese. Regelmäßig einzunehmende Medikamente sind ebenfalls im Handgepäck zu verwahren – inklusive Notreserve, denn Hauptgepäcksstücke gehen ja auch immer mal verloren.
Neben regelmäßig einzunehmenden Medikamenten wie Blutdruckmittel oder Antibaby-Pille sollte auch eine abgespeckte Basisausstattung der Hausapotheke auf Reisen dabei sein. Dazu zählen Schmerz-, Fieber- und Erkältungsmittel sowie Präparate gegen Durchfall. Und je nach Reiseland und individuellen Gegebenheiten sind noch folgende Präparate empfehlenswert:
Mittel gegen Reiseübelkeit
Mildes Abführmittel
Sonnenschutz, Repellentien gegen Insektenstiche
Augentropfen gegen gereizte und trockene Augen
Antiallergika, Präparate gegen Lippenherpes
Desinfektionsmittel, Einweghandschuhe, evtl. sterile Kanülen und Spritzen
Fieberthermometer
Silbernitrattabletten zum Desinfizieren von Wasser
Malariatabletten.
Tipp: Sorgen Sie dafür, dass bei allen mitgeführten Medikamenten der Beipackzettel noch dabei ist und achten Sie darauf, dass die Präparate nicht abgelaufen sind.
Unaufmerksamkeit, Zappligkeit und Impulsivität machen Kindern und Erwachsenen mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) das Leben schwer. Die Folgen für Ausbildung, Beruf und soziale Beziehungen sind häufig gravierend. Doch wird die Erkrankung frühzeitig erkannt, lässt sich mit psychotherapeutischen Maßnahmen und Medikamenten gegensteuern.
Verkehrsunfälle, Scheidungen und Depressionen häufig
Eine ganze Zeit lang gab es einen regelrechten Hype um die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Bei Kindern, die in der Schule nicht mitkamen, herumzappelten statt konzentriert lernten oder sonst anstrengend waren, wurde oft vorschnell eine ADHS vermutet und nach Medikamenten gerufen. Zum Glück ist nicht jeder Zappelphillipp ein ADHS-Kind. Wer jedoch nachgewiesenermaßen unter der Erkrankung leidet (und das sind immerhin knapp 4% der Kinder und Jugendlichen), muss mit Auswirkungen auf sein gesamtes Leben rechnen.
So ist bei Kindern mit ADHS das Unfallrisiko um 400% erhöht, weil sie oft Gefahren nicht richtig einschätzen und ihre Handlungen weniger umsichtig planen. Die Konzentrationsstörungen führen dazu, dass die Leistungen in Schule und Ausbildung leiden. 35% der Jugendlichen mit ADHS haben deshalb keinen Schulabschluss . Aufgrund ihrer sozialen Probleme entwickeln viele ADHS-Kinder und -Teenager Depressionen oder fangen an, Drogen zu nehmen. Weitere häufige Auswirkungen sind Essstörungen sowie der Hang zu Selbstverletzung und riskantem sexuellen Verhalten.
Auch Erwachsene mit ADHS leiden unter den Folgen ihrer Erkrankung. Sie sind oft weniger leistungsfähig im Beruf und seltener fest angestellt. Dazu kommen eine höhere Scheidungsrate als Gesunde und vermehrte Verkehrs- und andere Unfälle. Depressionen und Angststörungen sind häufig, ebenso unerklärliche Erschöpfungszustände und Schmerzen. Viele Betroffene kämpfen mit Suchtproblemen. Diese reichen vom Kettenrauchen bis zur Kauf- oder Spielsucht.
ADHS-Hinweise bei Kindern erkennen
Je früher die Erkrankung erkannt und therapiert wird, desto besser sind die Chancen, trotz ADHS ein gutes Leben zu führen. Bei den folgenden drei Kardinalsymptomen sollten Eltern und Erzieher*innen deshalb aufmerksam werden:
Unaufmerksamkeit zeigt sich beispielsweise darin, dass das Kind leicht ablenkbar und vergesslich ist. Es fängt eine Aufgabe nach der anderen an und schafft es nicht, sie abzuschließen. Oft scheint es auch so, als könnte das Kind gar nicht richtig zuhören.
Typisches Zeichen der Hyperaktivität ist beispielsweise, dass das Kind in Situationen, in denen es nicht angebracht ist, ungebremst herumrennt und herumklettert. Es redet oft sehr viel, wirkt wie aufgezogen. Sitzt es auf dem Stuhl, rutscht es hin und her und fuchtelt mit den Händen herum.
Am schwierigsten für Familienmitglieder, Mitschüler*innen, Lehrer*innen oder Bekannte ist häufig die Impulsivität der ADHS-Kindern. Denn diese Kinder sind schnell ungeduldig, fallen anderen ins Wort und können oft nicht warten, bis sie an der Reihe sind. Manche Kinder sind rücksichtslos oder werden aggressiv, andere „stören“ nur.
Bei Jugendlichen verwandelt sich die äußerliche Hyperaktivität oft in eine innere Unruhe. Aufgrund massiver Konzentrationsstörungen schaffen es viele ADHS-Teenager in der Schule nicht, ihre Aufgaben fertig zu stellen. Probleme mit Mitschüler*innen sind häufig. ADHS-Jugendlichen fällt es schwer, soziale Beziehungen aufzubauen oder sich in Gruppen einzuordnen. Manche Betroffenen werden aggressiv, andere ziehen sich in sich zurück. Die meisten haben Schwierigkeiten, Frustrationen auszuhalten oder mit der eigenen Wut oder Ärger umzugehen.
Hinweis: Je nach Ausprägung der Beschwerden unterscheidet man zwischen dem hyperaktiv-impulsiven Typ und dem vorwiegend unaufmerksamen Typ. Allerdings kommen auch Mischformen vor.
So zeigt sich ADHS im Erwachsenenalter
Gut zwei Drittel der betroffenen Kinder nehmen ihre Erkrankung ins Erwachsenenalter mit. Manchmal wird die Störung auch erst dann diagnostiziert, z. B. wenn die Beschwerden milde sind oder nicht bemerkt, fehlgedeutet oder ignoriert wurden. Insgesamt geht man davon aus, dass etwa 1 bis 4 % der Erwachsenen in Deutschland von einer ADHS betroffenen sind. Auch bei ihnen macht sich die Erkrankung mit den drei Hauptkriterien Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität bemerkbar. Diese äußern sich folgendermaßen:
Lähmende „Aufschieberitis“, geringe Motivation, Konzentrationsschwierigkeiten bei der Arbeit, z. B. bei Konferenzen oder beim Lesen. Probleme beim Organisieren der Arbeit und des Alltags, schlechtes Zeitmanagement.
Innere Unruhe, Nervosität und Nicht-Warten-Können. Das Sitzen in Ruhe fällt schwer, stattdessen wird oft mit den Füßen gewippt oder mit den Fingern an etwas herumgespielt.
Ständiges Reden und Anderen-Ins-Wort-Fallen, zu schnelles und aggressives Autofahren, Probleme, Frustrationen auszuhalten und mit Ärger umzugehen. Dazu kommen Jähzorn, häufige Stimmungsschwankungen und überzogene emotionale Reaktionen auf Kleinigkeiten.
Hinweis: Neben allen problematischen, selbstgefährdeten Komponenten hat die Erkrankung auch positive Aspekte. Oft handelt es sich bei den Betroffenen um offene, kreative Menschen, die, wenn sie ihre passende Nische im Beruf gefunden haben, unschlagbar in ihrem Metier sind.
Wer stellt die Diagnose?
Wenn Kinder ein problematisches Verhalten zeigen, kommen die ersten Hinweise meist von den Eltern, den Kindergärtner*innen oder auch den Lehrer*innen. Dann ist es Zeit, die Kinderärzt*in um Rat zu fragen. Diese wird bei einem begründeten Verdacht eine Fachkolleg*in einschalten, z. B. eine Fachärzt*in für Kinder- und Jugendpsychiatrie (es sei denn, sie hat selbst die nötige Expertise für eine ADHS-Diagnose). Auch Psychologische Psychotherapeut*innen mit Zusatzqualifikationen sind geeignet, eine ADHS zu diagnostizieren.
Die Untersuchungen sind umfangreich. Meist füllen Eltern und Kind zunächst Fragebögen aus, auf deren Ergebnis dann ein ausführliches Gespräch aufgebaut wird. Bei einer gründlichen körperlichen Untersuchung wird auch das Sehen und Hören geprüft, um körperliche Ursache für die Aufmerksamkeits- oder Lernprobleme auszuschließen. Psychologische Tests runden die Diagnose ab. Zum Einsatz kommen vor allem altersentsprechende Konzentrationstests.
Im Erwachsenenalter werden noch nicht diagnostizierte Betroffene manchmal von Freunden oder Kollegen darauf hingewiesen, dass ihr Verhalten problematisch ist und eventuell mit ADHS zu tun haben könnte. Mancher kommt durch intensive Beschäftigung mit seinen Schwierigkeiten auch selbst darauf, dass seine sozialen Probleme oder Konzentrationsschwierigkeiten etwas mit ADHS zu tun haben könnten. Hilfreich sind dabei Selbsttests, die es im Internet gibt. Sie ersetzen natürlich nicht die Diagnose. Die erfolgt bei der Fachärzt*in, z. B. in der neurologischen oder der psychiatrischen Praxis. Grundlage der Diagnose sind auch bei Erwachsenen Fragebögen, das gründliche Gespräch, die körperliche Untersuchung und psychologische Tests.
Hinweis: Sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen müssen im Rahmen der Diagnose andere Erkrankungen mit ähnlichen Beschwerden ausgeschlossen werden. Dazu gehören zum Beispiel Depressionen, Schilddrüsenüberfunktion, Schädel-Hirn-Verletzungen oder Epilepsien.
Wo kommt die Störung her?
Forscher*innen gehen davon aus, dass Veränderungen der zentralen Botenstoffe die Grundlage von ADHS bilden. D.h., es sind die Stoffe beteiligt, über die die Gehirnzellen miteinander kommunizieren. Wie es zu diesen Veränderungen kommt, ist allerdings noch unklar. Neueste Untersuchungen bekräftigen die Annahme, dass eine genetische Veranlagung das Risiko für ein ADHS erhöht. Aber auch Schwangerschaftsfaktoren oder Geburtskomplikationen sollen daran beteiligt sein – Genaues weiß man dazu allerdings noch nicht. Sicher ist jedoch, dass die Erkrankung maßgeblich durch Umweltfaktoren und psychosoziale Faktoren beeinflusst werden kann.
ADHS bei Kindern behandeln – aber wie?
Die Behandlung ist multimodal, d.h., sie besteht aus mehreren Bausteinen und wird individuell an die Beschwerden des Kindes angepasst. Zunächst ist es wichtig, Eltern und Kind über die Erkrankung aufzuklären. Ein Elterntraining soll helfen, mit dem problematischen Verhalten des Kindes besser umzugehen. Je nach Beschwerdebild bekommt das Kind psychologische Unterstützung. Meist wird eine Verhaltenstherapie begonnen, bei starken Aufmerksamkeitsstörungen auch ein Training zur Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit. Sind die Beschwerden nur leicht ausgeprägt, können diese Maßnahmen durchaus ausreichen.
Bleibt ein Behandlungserfolg aus oder leidet das Kind von vorneherein unter einer sehr schweren Symptomatik (starke Aggressivität, ausgeprägte Funktionsbeeinträchtigung in der der Schule), kommen Medikamente auf den Plan. In Deutschland werden Medikamente erst bei Kindern über sechs Jahren empfohlen, in besonders schweren Einzelfällen ist dies auch im Vorschulalter möglich. Medikamente der ersten Wahl bei Kindern sind Stimulanzien wie Methylphenidat (oder Amphetamin). Alternativen bei Nebenwirkungen oder mangelhaftem Erfolg sind Atomoxetin und Guanfacin.
Stimulanzien, Atomoxetin und Guanfacin sind starke Medikamente, die auch eine ganze Reihe von unerwünschten Wirkungen aufweisen. Aus diesem Grund muss ihr Einsatz gründlich überwacht und die Notwendigkeit einer Therapie regelmäßig fachärztlich geprüft werden. Unter Methylphenidat treten beispielsweise sehr häufig Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Nervosität und Appetitverlust auf. Bei Amphetaminen drohen Appetitminderung, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Mundtrockenheit. Guanfacin kann zu einer vermehrten Tagesmüdigkeit führen, zu Kopfschmerzen, Oberbauchschmerzen, niedrigem Blutdruck und Gewichtszunahme.
Hinweis: Sowohl unter einer langfristigen Behandlung mit Methylphenidat als auch mit Atomoxetin wurde bei Kindern ein vermindertes Körperwachstum beobachtet – vermutlich aufgrund der appetitmindernden Wirkung. Regelmäßige Kontrollen von Körpergröße und -gewicht sind obligatorisch, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Gegenmaßnahmen sind z. B. gehaltvollere Mahlzeiten sowie Pausieren oder Wechsel des Präparates.
Erwachsene behandeln: Aufklärung, Medikamente und Psychotherapie
Ob bei Erwachsenen eine Behandlung erforderlich ist, hängt davon ab, wie sehr die Lebensqualität eingeschränkt ist. Manchmal hilft schon die ausführliche Aufklärung und Beratung über die Erkrankung enorm. Die Betroffenen lernen, dass ihre Probleme nicht selbst verschuldet sind, sondern eine Ursache haben. Im Rahmen einer Psychotherapie wird trainiert, besser mit den Problemen klarzukommen. Oft lassen sich dabei für bestimmte Situationen Handlungsstrategien entwickeln. Dazu gehört beispielsweise, bei der Arbeit große Ziele in Etappen einzuteilen oder Impulskäufe mit Wunschlisten und Achtsamkeitstraining zu vermeiden.
Reichen die Maßnahmen nicht aus, kommen Medikamente zum Einsatz. Wie bei Kindern und Jugendlichen verordnet die Ärzt*in meist Methylphenydat, alternativ kann die Therapie auch mit Atomoxetin begonnen werden. Welches Präparat individuell am besten wirkt, lässt sich nicht vorhersagen. In Cross-over-Studien mit den Stimulanzien Methylphenidat oder Amphetamin sprachen z. B. 41% der Studienteilnehmer*innen auf beide an, 28% mehr auf Amphetamine und 16% mehr auf Methylphenidat. Greift eine Therapie nicht, wird deshalb ein anderer Wirkstoff versucht. Möglich ist auch die Kombination verschiedener Wirkstoffe. Behandlungserfolg und Nebenwirkungen sollten alle sechs Monate geprüft werden. Einmal im Jahr empfehlen Expert*innen einen behandlungsfreien Zeitraum, um zu überprüfen, ob die Betroffene inzwischen vielleicht auch ohne Medikamente zurechtkommt.
Tipp: Für ADHS-Patient*innen ist das Internet durchaus hilfreich. Dort findet man Kontakt zu Selbsthilfegruppen und Leidensgenoss*innen. Zudem geben immer mehr Betroffene auf eigenen Internetseiten Tipps, wie man die Erkrankung vor allem im Hinblick auf Beruf- und Privatleben besser in den Griff bekommt.
Quellen: S3 Leitlinie „Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“, AWMF-Nr. 028-045; www.adhs-deutschland.de
Harninkontinenz ist ein weit verbreitetes Übel. Oft schämen sich die Betroffenen, isolieren sich und würden ihre vier Wände am liebsten gar nicht mehr verlassen. Dabei gibt es heute ausgefeilte Inkontinenzprodukte, die ganz diskret für Trockenheit und Sicherheit sorgen. Wissenswertes rund um Einlagen, Windeln und Pants finden Sie in unserem Ratgeber.
Frauen benachteiligt
Sechs bis acht Millionen Menschen in Deutschland haben Probleme, ihre Blase zu kontrollieren. In der Folge verlieren sie ständig oder auch situationsbedingt – zum Beispiel beim Husten oder Lachen – kleinere oder größere Mengen Urin. Betroffen sind vor allem Frauen. Das liegt unter anderem am Aufbau des weiblichen Beckenbodens. Zum einen hat er eine Öffnung mehr, zum anderen ist er weniger straff, um sich bei einer Geburt leichter zu dehnen. Zusätzlich belastet und geschwächt wird der weibliche Beckenboden durch Geburten und Schwangerschaften.
Mit Medikamenten lässt sich die Harninkontinenz kaum beeinflussen. Besser helfen beckenbodenstärkende Gymnastik oder beispielsweise eine Gewichtsreduktion. In den allermeisten Fällen bleibt es beim Urinverlust und die Betroffenen sind auf Hilfsmittel angewiesen. Am häufigsten verwendet werden aufsaugende (absorbierende) Produkte. Sie nehmen ein Vielfaches ihres Eigengewichtes an Urin auf und verteilen diesen innerhalb einer speziell konstruierten Saugschicht.
Superabsorber Natrium-Polyacrylat
Das Geheimnis dieser sogenannten Superabsorber ist meist Natrium-Polyacrylat. Die Natriumionen ziehen das Wasser osmotisch an und es bildet sich ein Hydrogel. Je mehr Natrium im Superabsorber enthalten ist, desto mehr Wasser wird aufgenommen und gebunden. Das Ganze geschieht fern von der Haut in der Hydrogelschicht – die innere Oberfläche des Produkts bleibt trocken.
Damit der Urin nicht nur im Bereich der Harnröhrenöffnung zu Hydrogel wird und dort einen Klumpen bildet, sorgt eine Verteilschicht dafür, dass die Flüssigkeit verteilt und über den gesamten Aufsaugkern gebunden wird. Weil der Urin im Hydrogel gebunden ist, ist auf der Außenseite keine wasser- und luftdichte Folie zum Abdichten nötig. Stattdessen kommt eine atmungsaktive Außenschicht zum Einsatz, was den Tragekomfort von Windeln & Co. deutlich verbessert.
Hinweis: Die Superabsorberhaben einen weiteren Vorteil: Sie binden nicht nur die Flüssigkeit des Urins, sondern auch den Geruch.
Einlage, Windel oder Pants?
Die technischen Errungenschaften von Superabsorber, Verteilschichten und atmungsaktiver Außenseite finden sich im Prinzip in allen aufsaugenden Inkontinenzprodukten. Dabei kann man je nach Stärke der Undichtigkeit zwischen verschiedenen Formen wählen:
Einlagen. Für leichtes Harnträufeln zwischendurch (etwa 30 ml/Tag) reichen oft Einlagen. Ähnlich wie Monatsbinden haben diese zum Befestigen in der Unterhose einen Klebstreifen auf der Rückseite. Einlagen für Harninkontinenz gibt es in unterschiedlichen Formen für Männer und für Frauen.
Vorlagen. Gehen am Tag nicht mehr als etwa 300 ml Urin ab, werden meist Vorlagen empfohlen. Diese sind größer als Einlagen und speziell für Männer oder Frauen anatomisch geformt. Vorlagen werden nicht in die Unterhose geklebt, sondern mit einer elastischen Netzhose fixiert. Auf diese Weise schmiegen sie sich sehr gut an und zeichnen sich unter der Kleidung kaum ab. Über Netzhose und Vorlage kann auf Wunsch auch normale Unterwäsche getragen werden.
Inkontinenzwindel. Windeln sind ab einer mittleren Inkontinenzstärke angezeigt, also wenn mehr als etwa 300 bis 400 ml Urin am Tag verloren gehen. Sie liegen eng am Körper an und werden seitlich mit Klebestreifen geschlossen. Solche Inkontinenzwindeln kommen vor allem bei bettlägerigen, pflegebedürftigen Menschen zum Einsatz. Es gibt auch Varianten, die zusätzlich mit einer Art Hüftgürtel gehalten werden. Dieses System ist für Menschen gedacht, die noch körperlich aktiv sind.
Pants oder Windel-Slips. Besonders praktisch und für alle Inkontinenzformen geeignet sind Windelpants, die sich wie ganz normale Unterhosen anziehen lassen. Gegen Auslaufen bieten sie spezielle elastische Bündchen. Sie lassen sich beim Toilettengang wie eine normale Unterhose herunterziehen. Sind sie nicht beschmutzt, kann man sie einfach weiterverwenden. Pants gibt es unisex oder in spezieller Ausführung für Männer bzw. Frauen. Damit sie wirklich dichthalten, ist die passende Größe wichtig. In der Regel sind die Größen mit S, M, L, XL und XXL gekennzeichnet. Sie bemessen sich nach dem Bauchumfang.
Oft macht es Sinn, verschiedene Produkte zu kombinieren. So reichen z. B. tagsüber oft Einlagen oder Vorlagen, die häufig gewechselt werden, während nachts eine aufnahmefähigere Windel einen ruhigen Schlaf ermöglicht.
Tipp: Windeln anlegen ist gar nicht so einfach, sei es bei einem selbst oder bei jemand anderem. Einige Hersteller bieten auf ihrer Homepage Beschreibungen und Schulungsvideos zur Verwendung von Inkontinenzprodukten an.
Einweg oder Mehrweg?
Auch bei Inkontinenzprodukten für Erwachsene gibt es wiederverwendbare, waschbare Lösungen. Allerdings hat sich die Auswahl in den letzten Jahren reduziert. Wiederverwendbare Produkte haben ein Mehrkammersystem und einen Vliesschicht, die den Rückfluss des Urins Richtung Körper und Haut verhindern sollen. Sie können in der Regel bis zu 300-Mal bei 95° C gewaschen und in den Trockner geworfen werden. Bügeln ist jedoch aufgrund der speziellen Gewebe verboten.
Hinweis: Ob die Ökobilanz bei Mehrwegprodukten wirklich besser ist als bei Einwegwindeln, wird auch bei Säuglingswindeln immer wieder heftig diskutiert. Strom- und Wasserverbrauch für die Aufbereitung sind beispielsweise nicht zu unterschätzen.
Hautschutz unter der Windel
Neben der richtigen Nutzung der aufsaugenden Hilfsmittel ist bei der Inkontinenz auch die Hautpflege von großer Bedeutung. Das gilt vor allem beiälteren Menschen, weil alternde Haut weniger widerstandsfähig gegenüber äußeren Reizen ist. Zur Pflege empfiehlt sich:
Waschen. Den Intimbereich nur mit lauwarmem Wasser und alkalifreien, ph-neutralen und rückfettenden Substanzen waschen. Ideal sind weiche (!) Einmalwaschlappen. Haut danach gründlich, aber vorsichtig trocknen. Nicht rubbeln, da hierbei kleinste Verletzungen oder Risse drohen. Trockenfönen ist nicht erlaubt, da dies die Haut zu sehr austrocknet.
Pflege. Zur Hautpflege bieten sich spezielle Pflegeöle oder Wasser-in-Öl-Emulsionen an. Keine Öl-in-Wasser-Emulsionen verwenden, sie quellen die Hornschicht auf und trocknen die Haut aus. Auch Babyöle sind ungeeignet, da sie oft reizende Duftstoffe enthalten. Spezielle feuchtigkeitsbindende Pflegeprodukte für Inkontinente, z. B. auf der Basis von Harnstoff oder Aloe vera, gibt es in der Apotheke.
Schutz. Um die Haut von Windel- und Vorlagenträger vor Urin und Stuhl zu schützen, wurden spezielle Barriereprodukte entwickelt. Diese enthalten natürliche Öle, Silikonöle oder Zinkoxid bzw. Kombinationen daraus und sind in der Apotheke erhältlich.
Hinweis: Puder und Vaseline schaden mehr als sie schützen: Puder verklumpt und wirkt wie Schmirgelpapier auf die Haut, Vaseline mindert die Saugfähigkeit der absorbierenden Wirkstoffe und Schichten.
Ableiten statt aufsaugen
Bettlägerige Patienten mit schwerer Inkontinenz werden manchmal auch mit Dauerkathetern versorgt. Dafür schieben Ärzt*innen oder Pflegepersonal einen doppellumigen Schlauch aus Silikon durch die Harnröhre bis in die Blase. Dauerkatheter bergen ein hohes Infektionsrisiko, weshalb der Einsatz immer kritisch abzuwägen ist.
Zum Auffangen des Urins verbindet man den Katheter mit einem Auffangbeutel. Hier gibt es verschiedene Systeme. Bei Bettlägerigen verwendet man meist Urinbeutel aus Plastik, die an einem Gestell am Bettrand aufgehängt werden und aus denen man den Urin regelmäßig ablässt. Mobile Patienten haben die Möglichkeit, den Urinbeutel am Bein zu befestigen.
Für Männer gibt es eine weitere Methode der Harnableitung: Das Urinalkondom. Es wird wie ein Präservativ über den Penis gestreift und mit Hilfe von Klebestreifen befestigt. An der Spitze des Kondoms befindet sich ein Schlauch, durch den der Urin in den am Bein befestigten Urinbeutel abfließen kann.
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